Shiitake

Synonym(e): Beta-Glukan, biological response modifier, Lentinian, Lentinula edodes, Shii-Take, Vitalpilz
Nährstoffgruppe: Medizinalpilze

Vorkommen und physiologische Effekte

Vorkommen in der Nahrung
Shiitake (Lentinula edodes) ist nicht nur ein bewährter Heilpilz. Durch seinen aromatischen Geruch und Geschmack ist der Vitalpilz auch als Delikatesse begehrt und erfreut sich insbesondere in der asiatischen Küche großer Beliebtheit. Das Aroma entsteht hauptsächlich durch charakteristisch nach Pilz riechende Alkohole und Ketone aus acht Kohlenstoffatomen (C8-Atomen). Neben den C8-Molekülen tragen auch schwefelhaltige Verbindungen zu einem intensiven knoblauchartigen Aroma bei. Verantwortlich hierfür sind u. a. die Stoffe Lenthionin, Dimethyldisulfid, Dimethyltrisulfid und 1,2,4-Trithiolan. Der Umamigeschmack von Shiitake, der den Eigengeschmack von Lebensmitteln intensiviert, wird dagegen in erster Linie von nicht flüchtigen Verbindungen wie 5-Ribonucleotiden und den Aminosäuren Aspartat und Glutamat bewirkt.1
 
Physiologische Effekte
Immunmodulation
  • Vermehrte Ausschüttung von Immunoglobulin A auf den Schleimhautoberflächen
  • Erhöhte Bildung von monozytenspezifischen T-Zellen und Intensivierung der zytotoxischen Wirkung von Makrophagen gegenüber Bakterien und Viren
 Blut
  • Normalisierung des Cholesterinspiegels durch Wirkung auf den Phospholipidstoffwechsel der Leber
Mundhöhle

Ablösen kariogener Mikroorganismen vom Hydroxylapatit
Bakterizide Effekte gegenüber kariogenen Bakterien
Störung der Signaltransduktion des kariogenen Leitkeimes Streptococcus mutans

Darm

Modulation des Darmmikrobioms: Lipidmodulation und Gewichtsreduktion
Vermehrtes Wachstum von probiotischen Bifidobakterien und Laktobakterien aktiviert darmassoziierte Immunabwehr.

Besondere Informationen

Shiitake (Lentinula edodes): Tradition trifft wissenschaftsbasierte Mykotherapie

Shiitake (Lentinula edodes) ist in weiten Teilen Ostasiens heimisch. Dort besiedelt der Saprobiont vorzugweise sterbendes oder abgestorbenes Hartholz, was ihm wohl den Namen Shiitake – auf Deutsch so viel wie „Pilz, der am Pansaniabaum wächst“ – einbrachte. In Japan und China erlangte Lentinula edodes nicht nur als Speisepilz, sondern auch als bewährter Heilpilz der traditionellen Volksmedizin große Bedeutung. Hierbei wird ihm ein weitläufiges Wirkspektrum zugesprochen. So zählen Immunschwäche, Erkältungen, Blutdruckregulierung, Lebererkrankungen oder Anti-Aging zu einigen der typischen Einsatzgebiete. Wissenschaftliche Studien der letzten Jahrzehnte belegen mittlerweile viele der positiven Wirkungen, die die jahrtausendealte Erfahrungsmedizin Lentinula edodes nachsagt, u. a. auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen (allen voran Fettstoffwechselstörungen), Immunschwäche und Tumorerkrankungen. Darüber hinaus dokumentieren Studien antioxidative, antimykotische und antimikrobielle Effekte.2 Moderne analytische Verfahren ermöglichen die Aufschlüsselung von mehr und mehr Hauptwirkstoffen von Lentinula edodes. Eine der biologischen Leitsubstanzen wurde bereits 1969 isoliert. Das Beta-Glukan Lentinan wird aufgrund seiner immunprotektiven Eigenschaften u. a. zur Verbesserung der körpereigenen Tumorabwehr eingesetzt sowie als „biological response modifier“ insbesondere während Chemotherapien eingesetzt.3 Zu weiteren Bioaktivstoffen zählen u. a. β-d-Glukan, Heteroglukan und Xylomannan sowie das Alkaloid Eritadenin. 
 

Lentinula edodes stimuliert die Immunabwehr

Lentinian, die bioaktive Beta-Glukanfraktion von Shiitake, gilt als effizienter Immunsystemstimulator. Es verbessert die Ausschüttung von IgA auf den Schleimhautoberflächen, erhöht die Bildung von monozytenspezifischen T-Zellen und intensiviert die zytotoxische Wirkung der Makrophagen gegenüber Bakterien und Viren.4 Durch die orale Einnahme von Lentinula edodes findet außerdem eine vermehrte Bildung von speziellen Antikörpern statt (IgG2- und IgM-heterophile Antikörper)5, wodurch sich ein zusätzlicher spezifischer Immunschutz aufbauen kann. Shiitake zeigt gut dokumentierte antibakterielle und antifungale Effekte. In einer Tierstudie verringerte sich die Darmbakterienzahl nach Fütterung mit Lentinula edodes deutlich, was auf die antibakteriellen Inhaltsstoffe, wie Lenthionin, Terpenoide und Polyphenole, zurückgeführt wurde.6
 

Aktivierung der darmassoziierten Immunabwehr

Neben einer generellen Ankurbelung der körpereigenen immunologischen Aktivitäten scheint Shiitakeextrakt auch die darmassoziierte Immunabwehr zu steigern. Im Tierversuch erhöhte sich nach oralen Shiitakegaben die Lymphozytenzahl im Dünndarm um 40 %.7 Bei Gesunden zirkulierten nach sechswöchiger Einnahme von Lentinula edodes mehr B-Zellen.8 Auch Veränderungen in der Zusammensetzung der Darmflora sind dokumentiert.9,10 So kann Lentinula edodes das Wachstum von probiotischen Bifidobakterien und Laktobakterien steigern, was wiederum die darmassoziierte Immunabwehr aktiviert und so die Immunfunktionen des gesamten Organismus fördert.10
 

Lentinula edodes zur Gewichtsregulierung und bei Hypercholesterinämie

Schon seit geraumer Zeit steht Lentinula edodes wegen seiner lipidmodulierenden und gewichtsreduzierenden Eigenschaften im Blickpunkt des wissenschaftlichen Interesses.11 Zurückführen lassen sich diese Effekte auf unterschiedliche Mechanismen, unter anderem die Modulation des Darmmikrobioms.12 Lentinula-edodes-Pilzfasern dienen der Verdauung und dem Stoffwechsel von Darmmikroben als Substrat. Die Metaboliten, die die Darmkeime ausscheiden, verändern den Energiehaushalt des Wirts, die Absorption im Darm, den Appetit und den Lipidstoffwechsel und haben so Effekte auf Gewicht und den Fettstoffwechsel.9 2014 deutete eine In-vivo-Studie darauf hin, dass Shiitake die Fettverwertung des Körpers verändert. So sammelte sich bei Tieren, die eine hochkalorische fettreiche Kost erhielten, Triacylglycerin nicht vermehrt im Fettgewebe, sondern in der Leber an.11 Die cholesterinregulierende Wirkung von Shiitake vermittelt wahrscheinlich der Inhaltsstoff Eritadenin. Studien zeigen, dass dieser Wirkstoff über den Phospholipidstoffwechsel der Leber den Gesamtcholesterinspiegel positiv beeinflusst, das HDL-Cholesterin erhöht und auch im Methioninstoffwechsel involviert ist.13,14,15
 

Lentinula edodes bei HPV-Infektion*
Das aus dem Lentinula edodes gewonnene Extrakt AHCC (Active Hexose Correlated Compound) rückt mit seinem hohen Gehalt an Alpha-Glucanen und anderen immunmodulierenden Polysacchariden immer mehr in den Fokus klinischer Studien und zeigt auch bei Infektionen mit Humanen Papillomviren (HPV) wissenschaftliche Relevanz. In einer randomisierten kontrollierten Studie konnte die tägliche Verabreichung von AHCC über einen Zeitraum von sechs Monaten bei 63,6 % von 22 Probandinnen mit zweijähriger persistierender HPV-Infektion vom Hochrisiko-Typ zu einer Beseitigung der HPV-Infektion führen, während nur zwei der 19 Probandinnen in der Placebogruppe ein negatives HPV-Ergebnis aufwiesen.16  
 
Lentinula edodes in der komplementären Krebstherapie

Der Einsatz von Lentinula edodes in der Krebstherapie ist praxiserprobt und von Studien bestätigt. Neben der gegen den Tumor gerichteten Immunabwehr, einem wesentlicher Wirkmechanismus der adjuvanten Krebstherapie, hemmen auch die shiitakebürtigen Lentiniane das Tumorwachstum.17,18 In vivo führte die Gabe eines wässrigen Shiitakemyzelextrakts bei Ratten mit Nierenkrebs zu dystrophischen Veränderungen in den Tumorzellen sowie zu Tumornekrosen. Auch in In-vitro-Studien mit der humanen Lungenadenokarzinomzelllinie A549 sowie mit der humanen Larynxkarzinomzelllinie HEp-2 zeigte Lentinula edodes zytotoxische Wirkung.19 Erste Pilotstudien mit dem aus Shiitake isolierten Beta-Glukan Lentinan zeigen zudem, dass dieses bestimmte Immunparameter von Chemotherapiepatienten verbessert, die Therapienebenwirkungen reduziert und so zu mehr Lebensqualität führt.20,21
 

Lentinula edodes in der Kariesprophylaxe

Ein relativ neues Forschungsfeld ist die antikariogene Wirkung von Lentinula edodes. In-vivo- und In-vitro-Studien dokumentieren eine Reihe von biologischen Aktivitäten, die für die Kariesprophylaxe relevant sind. So leitet Shiitake u. a. das Ablösen kariogener Mikroorganismen vom Hydroxylapatit ein, bewirkt den Zelltod von kariogenen Bakterien und stört die Signaltransduktion des kariogenen Leitkeimes Streptococcus mutans. Darüber hinaus scheint Shiitake auch gegen Gingivitis zu wirken. In vitro störten bestimmte Pilzfraktionen die Bindung von Streptococcus mutans an Hydroxylapatit sowie die Bindung des Prevotella-intermedia-Keims an Gingivazellen.22

Indikation

Effekt Indikation Dosierung
Physiologische Effekte
mit niedrigen
Nährstoffdosierungen
Zum präventiven Einsatz in Zeiten eines erhöhten Erkrankungsrisikos 1200 mg/d
Therapeutisch zur Stärkung einer geschwächten Immunantwort und bei Immundysfunktionen 1200 mg/d

Einnahme

Allgemeiner Einnahmemodus
 
Wann
 
Der Medizinalpilz Shiitake sollte zwischen den Mahlzeiten eingenommen werden.
Nebenwirkungen
Bei Shiitake treten in normalen Dosierungen nur sehr selten Nebenwirkungen auf. In Einzelfällen kann das im Shiitakepilz enthaltene Polysaccharid Lentinan eine sogenannte Shiitakedermatitis verursachen. Da UV-Licht Hautreaktionen verstärken kann, sollten die betroffenen Hautstellen nicht der Sonne ausgesetzt werden.
 
Kontraindikationen
Nach aktuellem Kenntnisstand sind keine Kontraindikationen bekannt. Schwangere und stillende Frauen sollten Rücksprache mit ihrem Arzt halten.

Interaktionen

Interaktionen mit Arzneimitteln
Keine Nach aktuellem Kenntnisstand sind keine relevanten Wechselwirkungen bekannt.
Interaktionen mit anderen Nährstoffen
Keine Nach aktuellem Kenntnisstand sind keine relevanten Wechselwirkungen bekannt.

Referenzen

Referenzen

1 Dermiki, M. et al. 2013. Contributions of non-volatile and volatile compounds to the umami taste and overall flavour of shiitake mushroom extracts and their application as flavour enhancers in cooked minced meat. Food Chem. 141(1):77–83.
2 Rahman, M. A. et al. 2018. Lentinula edodes (shiitake mushroom): An assessment of in vitro anti-atherosclerotic bio-functionality. Saudi J Biol Sci. 25(8):1515–23.
3 Bao, X. F. et al. 2002. Structural features of immunologically active polysaccharides from Ganoderma lucidum. Phytochemistry. 59(2):175–81.
4 Zhang, J. et al. 2002. Activation of B lymphocytes by GLIS, a bioactive proteoglycan from Ganoderma lucidum. Life Sci. 71(6):623–38.
5 Hsu, H. Y. et al. 2008. Reishi immuno-modulation protein induces interleukin-2 expression via protein kinase-dependent signaling pathways within human T cells. J Cell Physiol. 215(1):15–26.
6 Ma, C. et al. 2008. Differential protein expression in mouse splenic mononuclear cells treated with polysaccharides from spores of Ganoderma lucidum. Phytomedicine. 15(4):268–76.
7 Chen, S. D. et al. 2008. Effects of fermentation products of Ganoderma lucidum on growth performance and immunocompetence in weanling pigs. Arch Anim Nutr. 62(1):22–32.
8 Zhang, Y. et al. 2008. Effect of Ganoderma lucidum capsules on T lymphocyte subsets in football players on "living high-training low". Br J Sports Med. 42(10):819–22.
9 Anwar, H. et al. 2019. Shiitake Culinary-Medicinal Mushroom, Lentinus edodes (Agaricomycetes), Supplementation Alters Gut Microbiome and Corrects Dyslipidemia in Rats. Int J Med Mushrooms. 21(1):79–88.
10 Wachtel-Galor, S. et al. 2004. Ganoderma lucidum („Lingzhi“), a Chinese medicinal mushroom: biomarker responses in a controlled human supplementation study. Br J Nutr. 91(2):263–9.
11 Handayani, D. et al. 2014. A high-dose Shiitake mushroom increases hepatic accumulation of triacylglycerol in rats fed a high-fat diet: underlying mechanism. Nutrients. 6(2):650–62.
12 Shimizu, T. et al. 2018. Effects of Dietary Intake of Japanese Mushrooms on Visceral Fat Accumulation and Gut Microbiota in Mice. Nutrients. 10(5). pii: E610.
13 Asada, N. et al. 2019. Effects of Shiitake Intake on Serum Lipids in Rats Fed Different High-Oil or High-Fat Diets. J Diet Suppl. 16(3):345–56.
14 Yoon, K. N. et al. 2011. Antihyperlipidemic Effect of Dietary Lentinus edodes on Plasma, Feces and Hepatic Tissues in Hypercholesterolemic Rats. Mycobiology. 39(2):96–102.
15 Martin, K. R. 2010. Both common and specialty mushrooms inhibit adhesion molecule expression and in vitro binding of monocytes to human aortic endothelial cells in a pro-inflammatory environment. Nutr J. 9:29.
16 Smith, J. A. et al. 2022. AHCC® Supplementation to Support Immune Function to Clear Persistent Human Papillomavirus Infections. Frontiers in Oncology. 12:881902
17 Ng, M. L., Yap, A. T. 2002. Inhibition of human colon carcinoma development by lentinan from shiitake mushrooms (Lentinus edodes). J Altern Complement Med. 8(5):581–9.
18 Ina, K. et al. 2013. The use of lentinan for treating gastric cancer. Anticancer Agents Med Chem. 13(5):681–8.
19 Vetchinkina, E. et al. 2016. Antitumor Activity of Extracts from Medicinal Basidiomycetes Mushrooms. Int J Med Mushrooms. 18(11):955–64.
20 Ostadrahimi, A. et al. 2014. Effect of Beta glucan on quality of life in women with breast cancer undergoing chemotherapy: a randomized double-blind placebo-controlled clinical trial. Adv Pharm Bull. 4(Suppl 1):471–7.
21 Kataoka, H. et al. 2009. Lentinan with S-1 and paclitaxel for gastric cancer chemotherapy improve patient quality of life. Hepatogastroenterology. 56(90):547–50.
22 Avinash, J. et al. 2016. The Unexplored Anticaries Potential of Shiitake Mushroom. Pharmacogn Rev. 10(20):100–4.

Referenzen Interaktionen
Stargrove, M. B. et al. 2008. Herb, Nutrient and Drug Interactions: Clinical Implications and Therapeutic Strategies. Mosby Elsevier, St. Louis, Missouri. 1. Auflage.
Gröber, U. 2011. Mikronährstoffe: Metabolic Tuning – Prävention – Therapie. WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart. 3. Auflage.
Gröber, U. 2014. Arzneimittel und Mikronährstoffe: Medikationsorientierte Supplementierung. WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart. 3. Auflage.

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