NAC

Synonym(e): ACC, Acetylcystein, N-Acetyl-L-Cystein
Nährstoffgruppe: Aminosäuren

Vorkommen und physiologische Effekte

Vorkommen in der Nahrung
Aceytlcystein (NAC) ist das N-Acetylderivat der natürlich vorkommenden Aminosäure Cystein. NAC kann nur mittels Supplemente gezielt zugeführt werden.
 
Physiologische Effekte
Antioxidans
  • NAC wird nach oraler Einnahme zu L-Cystein deacetyliert und weiter zu Glutathion (GSH) metabolisiert. Glutathion ist eines der potentesten körpereigenen Antioxidantien.

Referenzwerte

Sicherheit des Nährstoffes  
Präklinische Studien
 
  • Der Wirkstoff Acetylcystein hat sich in präklinischen Studien als untoxisch erwiesen.

 

Klinische Studien
 
  • In einer klinischen Studie am Menschen zeigte sich, dass eine Tagesdosis von 11,6 g N-Acetylcystein oral über einen Zeitraum von drei Monaten zu keinen schwerwiegenden Nebenwirkungen führt.
 

Besondere Informationen

L-Cystein – integraler Bestandteil von L-Glutathion
L-Glutathion (GSH) ist quantitativ gesehen die wichtigste intrazelluläre Schwefelverbindung. Die endogene GSH-Bildung hängt hierbei maßgeblich von der Verfügbarkeit der nicht essentiellen Aminosäure L-Cystein ab (1). L-Cystein ist eine schwefelhaltige Aminosäure, welche im Körper aus L-Methionin synthetisiert werden kann und eine wichtige Funktion bei der Ausbildung und Stabilisierung von Proteinen, als Antioxidans sowie in einigen Enzymsystemen (z.B. GSH-Peroxidase) ausübt (1) (2).

Da Cystein rasch oxidiert, wird für den therapeutischen Einsatz in der Regel die acetylierte und chemisch stabilere Cystein-Form, das N-Acetylcystein (NAC), eingesetzt. NAC wird nach oraler Einnahme zu L-Cyst(e)in deacetyliert und weiter zu Glutathion (GSH) metabolisiert (2). L-Glutathion und die GSH-abhängigen Enzymsysteme (GSH-Peroxidase, -Transferase, GSSG-Reduktase) sind für das intrazelluläre Redoxgleichgewicht von elementarer Bedeutung. Glutathion bewahrt Nukleinsäuren, Zellen, Lipide und Proteine vor oxidativen Schäden und weist zudem detoxifizierende und immunologische Eigenschaften auf (1).

Adjuvanter Einsatz bei kardiovaskulären Erkrankungen
Erhöhte Lipoprotein(a)-Werte (>20 mg/dl) gelten heute als eigenständiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Humanstudien dokumentieren den positiven Einfluss von NAC bei erhöhten Lipoprotein(a)-Werten. Die achtwöchige Gabe von 2000 bis 4000 mg/d NAC führte zu einer drastischen Senkung der Lipoprotein(a)-Werte bei den Patienten um fast 70 % (2).
Lipoprotein(a) verstärkt die Bildung von Schaumzellen, die als ein früher Marker der Arteriosklerose gelten (3). In einer aktuellen Studie zeigte sich, dass NAC die Schaumzellenbildung in oxidiertem LDL unterdrückt, indem es zu einer Downregulation der Expression eines bestimmten Genclusters führt und so der Arterioskleroseentstehung entgegenwirkt (4). Auch der HDL-Spiegel wird durch NAC optimiert. 1200 - 3600 mg NAC/d führten bei Patienten mit Hyperlipidämie zu einem signifikanten dosisabhängigen Anstieg des HDL-Cholesterins. Studien deuten darauf hin, dass NAC auch in der Therapie von Homocysteinämien eine Rolle spielen könnte. In einigen Studien reduzierte sich der Homocysteinplasmaspiegel durch die Gabe von NAC. Als Mechanismus wird die Bildung von NAC-Homocysteinkomplexen und in weiterer Folge eine Erhöhung der renalen Homocysteinclearance vermutet (2).
 
Effekte auf Lungenerkrankungen
Die antiinflammatorische Wirkung von NAC und seine Effekte als SH-haltiges Antioxidans gelten als gut beschrieben (5) (6). Akute und chronisch-entzündliche Lungenerkrankungen sind mit einem vermehrten Auftreten von Entzündungszellen wie neutrophile Granulozyten und Makrophagen in der Lunge gekennzeichnet. Die oxidative Belastung im Gewebe steigt an und mit ihr der GSH-Verbrauch, wodurch es zu einer Dysbalance zwischen Oxidantien und Antioxidantien kommen kann (2).
Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung ist insbesondere in der kalten Jahreszeit durch Exazerbationen - vermehrtes Husten, Atemwegsbeschwerden, Sputum – gekennzeichnet. Eine Dysbalance im oxidativen-antioxidativen Gleichgewicht wird für das Auftreten der Exazerbationen verantwortlich gemacht. Eine Metaanalyse mit doppelblinden und placebokontrollierten Langzeitstudien (≥ 5 Monate) bestätigt die orale Wirksamkeit von NAC zur Senkung akuter Exazerbationen bei COPD. Die Zahl akuter Exazerbationen sank um 23 %, der Antibiotikaverbrauch sowie die krankheitsbedingten Arbeitsausfälle reduzierten sich ebenfalls. (10) (7).
 
Cysteinmangel führt zu Abfall der Immunleistung
Cystein und Glutathion sind bedeutend für die Erhaltung der Immunkompetenz sowie für die Regulation des Stickstoffhaushalts (1). Vergleichsstudien des Deutschen Krebsforschungszentrums konnten bei Patienten mit Bronchialkarzinom, HIV-Infektion und Sepsis gemeinsame immunologische und biochemische Abweichungen im Cyst(e)in-, Glutamin- und GSH-Stoffwechsel feststellen. Die als „CG-Mangelsyndrom“ bezeichnete Störung ist durch einen signifikanten Abfall im Cyst(e)in- und Glutaminplasmaspiegel gekennzeichnet sowie durch eine stark reduzierte NK-Aktivität, eine übermäßige Harnstoffproduktion und einen progressiven Abbau an immunkompetenter Muskelmasse. Der Plasmaspiegel an Glutamat hingegen steigt an, wodurch es zu einer kompetitiven Hemmung der Cysteinaufnahme durch Makrophagen und NK-Zellen kommt (2). Beim Einsatz von NAC als Mukolytikum (ca. 600 mg / d) sollte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von ca. 2 l/d geachtet werden (1).
 
Entgiftung und Leberschutz

Cystein und Glutathion sind wesentlich an der Phase-II-Entgiftung toxischer Metaboliten sowie an der Detoxifizierung von Aflatoxinen, Xenobiotika und Schwermetallen im Rahmen der hepatozellulären Biotransformation beteiligt. NAC kann die endogene GSH-Biosynthese steigern und die Regeneration der Leberzellen und den Entgiftungsprozess beschleunigen (2) (8). Vor allem in der Therapie von Paracetamolvergiftungen hat sich NAC bewährt. Bei der Einnahme hoher Paracetamoldosen erschöpfen sich die hepatozellulären GSH-Speicher und können nicht rasch genug wieder aufgefüllt werden. Es kommt zu hepatogenen Schäden bis hin zu tödlichen Leberzellnekrosen. Durch NAC-Gaben als „Glutathion-Prodrug“ werden die intrazellulären Glutathionspeicher wieder aufgefüllt und wirken Leberzellnekrosen entgegen (2). Auch beim Einsatz von antituberkulös wirksamen Medikamenten (Isoniazid, Rifampicin und Pyrazinamid) fungiert NAC als Leberschutz (9).

Positive Wirkung bei Tichotrillomanie

Die Glutamatsignalgebung spielt eine zentrale Rolle bei verschiedensten neuropsychiatrischen Erkrankungen. Dadurch geht man von einem therapeutischen Effekt von NAC aus, da diese die glutamaterge Neurotransmission beeinflusst. Einerseits durch die Regulierung des Gluthationspiegels und andererseits durch die Modulierung des Cysti/Glutamat-Antiporters. Studien der letzten Jahre zeigen eine möglich positive Wirkung von N-Acetylcystein bei psychosomatischen Erkrankungen. So zeigte eine kleinere randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudie an 50 Patienten (Durchschnittsalter 34,3 Jahre) mit Trichotillomanie, die über zwölf Wochen entweder mit Placebo oder mit N-Acetylcystein behandelt wurden, eine signifikante Verbesserung der Symptome. Bereits nach neun Wochen gaben 56 % der Patienten an, dass sich die Erkrankung gut oder sehr gut gebessert habe. In der Placebogruppe waren es nur 16 %. Auch im Massachusetts General Hospital Hair Pulling Scale kam es unter der Therapie zu einer signifikanten Verbesserung. Zurückzuführen war dieser Effekt auf den verminderten Transport von Glutamat in den synaptischen Spalt durch die NAC-Gabe (11).

NAC erleichtert Nikotinentzug
Tabakrauch stellt eine der am schnellsten süchtig machenden Substanzen dar. Nikotin greift in Verbindung mit anderen Stoffen an den präsynaptischen und postsynoptischen Acetylcholinrezeptoren („Nikotinrezeptoren“) an und führt zur Ausschüttung von Neurotransmittern wie Dopamin, Serotonin, Noradrenalin und Endorphinen. N-Acetylcystein könnte den Nikotinentzug von Rauchern erleichtern, indem es das Verlangen nach Tabak und das mit Zigaretten verbundene Belohnungsgefühl reduziert (12). Eine doppelt-verblindete Pilotstudie, in welcher die Teilnehmer 3000 mg NAC täglich oder ein Placebo erhielten, zeigte in der Verumgruppe nach 12 Wochen einen signifikanten Rückgang bei den täglich konsumierten Zigaretten. 47,1 % in der Verumgruppe hörten mit dem Rauchen auf, während es in der Placebo-Gruppe nur 21,4 % waren (13).

Mögliche Mangelsymptome

Auswirkung auf Symptomatik
Antioxidans
  • Herabgesetzte antioxidative Kapazität
  • Erhöhte Anfälligkeit für radikal assoziierte Erkrankungen

Indikation

Dosierung Indikation Dosierung
Physiologische Effekte
mit niedrigen
Nährstoffdosierungen
Begleitend therapeutisch bei Hyperhomocysteinämie und Hyperlipidämie 1500 - 2500 mg/d 
Zur diätetischen Behandlung bei Abwehrschwäche 1500 - 2500 mg/d 
Zur Steigerung der körpereigenen Glutathionsynthese bei labordiagnostisch festgestellten erniedrigten Glutathionwerten  1500 - 2500 mg/d
Zur Intensivierung der zellulären Entgiftungsleistung 1500 - 2500 mg/d 
Als Mukolytikum 1500 - 2500 mg/d 

Einnahme

Allgemeiner Einnahmemodus
  Wann  
 

NAC sollte zwischen den Mahlzeiten eingenommen werden.

Hinweis:

  • Bei dauerhafter Einnahme einer therapeutischen Dosis von NAC wird die zusätzliche Einnahme der doppelten bis dreifachen Menge an Vitamin C empfohlen, um gegen der Bildung von Cystinstein vorzubeugen (Vitamin C hemmt die Umwandlung von Cystein in Cystin).
  • Bei paralleler Einnahme von NAC und Antitussiva kann durch den eingeschränkten Hustenreflex ein gefährlicher Sekretstau entstehen.
  • Bei der Verwendung von NAC im Rahmen einer Bronchitisbehandlung muss auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden(ca. 2 l/d).
  • Eine orale Antibiotikaeinnahme sollte zeitversetzt erfolgen, da NAC zu einer Inaktivierung führen kann (Abstand mindestens zwei Stunden).
Nebenwirkungen
NAC kann die Blutplättchenaggregation vermindern.
 
Kontraindikationen
Gleichzeitige Einnahme von Antitussiva, Hypercystinurie, Cystinstein, Niereninsuffizenz

Interaktionen

Interaktionen mit Arzneimitteln
Antibiotika
(Penicilline, Tetracycline, Cefalosporine)
Bei gleichzeitiger oraler Einnahme eine Inaktivierung der Antibiotika durch N-Acetylcystein möglich
Ausnahme: Doxycyclin
Antihypertonika
(Nitrate)
In Kombination Wirksamkeitssteigerung von Glycerintrinitrat aufgrund erhöhter vasodilatatorischer und thrombozytenaggregationshemmender Effekte
Antitussiva
(Codeinderivate)
Bei Kombination Gefahr von Sekretstau
Analgetika
(Paracetamol)
Antidot, reduziert die Lebertoxizität von Paracetamol
Interaktionen mit anderen Nährstoffen
Spurenelemente Kann mit Zink Komplexe bilden

Verbindungen

Beschreibung des Mikronährstoffes
Synthetisches Derivat der Aminosäure L-Cystein

Referenzen

Referenzen

1) Gröber, U. Mikronährstoffe. Metabolic Tuning – Prävention – Therapie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. 2011.
2) Gröber, U. Orthomolekulare Medizin. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. 2008.
3) Gschwandt, P., Parhofer, K. Handbuch der Fettstoffwechselstörungen: Dyslipoproteinämien und Atherosklerose: Diagnostik, Therapie und Prävention. Schattauer Verlag. 2006.
4) Sung, H. J. et al. 2011. N-acetyl cysteine suppresses the foam cell formation that is induced by oxidized low density lipoprotein via regulation of gene expression. Mol Biol Rep.
5) Kerksick, C., Willoughby, D. 2005. The antioxidant role of glutathione and N-acetyl-cysteine supplements and exercise-induced oxidative stress. J Int Soc Sports Nutr. 2:38-44.
6) Gillissen, A. 2011. Anti-inflammatory efficacy of N-acetylcysteine and therapeutic usefulness. Pneumologie.
7) Sadowska, A. M. et al. 2007. Antioxidant and anti-inflammatory efficacy of NAC in the treatment of COPD. Discordant in vitro and in vivo dose-effects: a review. Pulm Pharmacol Ther. 20(1):9-22.
8) Breitbart, R. 2011. Intraperitoneal N-acetylcysteine for acute iron intoxication in rats. Drug Chem Toxicol.
9) Baniasadi, S. 2010. Protective effect of N-acetylcysteine on antituberculosis drug-induced hepatotoxicity. Eur J Gastroenterol Hepatol. 22(10):1235-8.
10) Sanguinetti, C. M. 2015. N-acetylcysteine in COPD: Why, how, and when? Multidiscip Respir Med. 11(1).
11) Grant, J. E. et al. 2009. N-acetylcysteine, a glutamate modulator, in the treatment of trichotillomania: a double-blind, placebo-controlled study. Arch Gen Psychiatry. 66(7):756-763.
12) Knackstedt, L. A. et al. 2009. The role of cystine-glutamate exchange in nicotine dependence in rats and humans. Biol Psychiatry. 65(10):841-5.
13) Prado, E. et al. 2015. N-acetylcysteine for therapy-resistant tobacco use disorder: a pilot study. Redox Rep. 20(5):215-22.

Referenzen Interaktionen
Stargrove, M. B. et al. Herb, Nutrient and Drug Interactions: Clinical Implications and Therapeutic Strategies, 1. Auflage. St. Louis, Missouri: Elsevier Health Sciences, 2008.
Gröber, U. Mikronährstoffe: Metabolic Tuning –Prävention –Therapie, 3. Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2011.
Gröber, U. Arzneimittel und Mikronährstoffe: Medikationsorientierte Supplementierung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2014.

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