L-Methionin

Synonym(e): Methionin
Nährstoffgruppe: Aminosäuren

Vorkommen und physiologische Effekte

Vorkommen in der Nahrung
Die proteinogene Aminosäure L-Methionin ist die einzige schwefelhaltige Aminosäure, die für den menschlichen Organismus essentiell ist. Der Körper ist dementsprechend auf eine ausreichende exogene Zufuhr angewiesen. Besonders hohe Mengen an L-Methionin sind in Paranüssen enthalten. Weitere gute Quellen für die schwefelhaltige Aminosäure sind beispielsweise Fleisch, Hühnerei, Lachs sowie Sojabohnen und Walnüsse.
 
Physiologische Effekte
Proteinsynthese
  • Starteraminosäure bei der Proteinsynthese
  • Anaboler Stoffwechsel
Antioxidans
  • Präkursor von L-Cystein und L-Glutathion 
Homocysteinstoffwechsel
  • Über Methylierung wird Homocystein in Methionin umgewandelt.
Leber
  • Entgiftung von Paracetamol und Blei
  • Vermeidung von übermäßiger Fetteinlagerung
  • Förderung der Leberregeneration
     
Säure-Basen-Haushalt
  • Durch Harnansäuerung Verminderung des Bakterienwachstums in der Blase.  Verhindert die Nierensteinbildung.

Referenzwerte

Empfohlene Zufuhr
Erwachsene 13 mg/kg KG täglich
Kleinkinder 39 mg/kg KG täglich
Erhöhter Bedarf Einnahme von Paracetamol, Strahlentherapie, Zytostatika, Leistungssport, Stress, Proteinunterversorgung, bei Erkrankungen wie Harnwegsinfekten 
Referenzwert laut Lebensmittelkennzeichnungsverordnung
(=100 % TB-Kennzeichnung auf Etikett)
 

 
         k.A.
Sicherheit des Nährstoffes  
UL
 
Langfristige tägliche Aufnahmemenge, bei der keine
negativen Einflüsse auf die Gesundheit zu erwarten sind

            k. A. 
NOAEL
 
Maximale Aufnahmedosis, die in Studien keine
schädigenden Auswirkungen verursachte

 100 mg/kg/d (Einmaldosis)*

 
Bei 4 mg/kg/d langfristig wurde keine Erhöhung des Homocysteinspiegels festgestellt.* *

Besondere Informationen

Physiologische Funktionen von L-Methionin
Die essentielle Aminosäure L-Methionin dient im menschlichen Organismus sowohl als Schwefellieferant als auch als Methylgruppendonator. Aus Methionin sowie aus Cystein stammen die Sulfatgruppen, die für die Biosynthese der Glykosaminoglykane und der Querverbindungen in kollagenen Strukturen benötigt werden. Methionin ist zudem der Präkursor von S-Adenosylmethionin, welches die Methylgruppen für die Bildung von Purinen und Pyrimidinen liefert (1). Methionin zählt zu den limitierenden Aminosäuren bei einer Reihe von Lebensmitteln aus der Gruppe der Leguminosen (Hülsenfrüchte). Limitierende Aminosäuren bestimmen die biologische Wertigkeit von Nahrungsprotein für die körpereigene Proteinsynthese. Durch die gezielte Supplementierung des limitierenden Methionins kann ein höherer Anteil der angebotenen Aminosäuren für die Synthese endogener Proteine herangezogen werden, wodurch sich die biologische Wertigkeit des Nahrungsproteins verbessert (2).
S-Adenosylmethionin scheint bei der Umsetzung des genetischen Codes, bei Reparaturvorgängen in DNA und RNA sowie bei epigenetischen Modifikationen eine wichtige Rolle zu spielen. Zudem kann S-Adenosylmethionin an RNA-Komponenten anbinden und dadurch die Genexpression regulieren. Dadurch ist diese Substanz im besonderen Fokus der Forschung (3).
 
Begleitende therapeutische Anwendung bei Harnwegserkrankungen
Methionin wird als harnsäuernde Substanz zur Prophylaxe und Therapie von Harnwegsinfektionen und Steinleiden angesetzt, die durch alkalisierende Bakterienstämme verursacht werden (4). Die Urease dieser Bakterien spaltet Harnstoff in Kohlendioxid und Ammoniak, was zu einer Verschiebung des pH-Wertes des Urins in den alkalischen Bereich führt. Durch eine Ansäuerung des Harns mit Methionin wird das Wachstum dieser Bakterien gebremst. Gleichzeitig wird die Effektivität von Antibiotika gesteigert, deren Wirkungsoptima im sauren Bereich liegen (z.B. Ampicillin, Carbenicillin, Sulfonamide, Nalidixinsäure, Nitrofurantoin) (5).
Auch zur Verbesserung der Löslichkeit von Phosphatsteinen (Struvit, Carbonatapatit, Brushit) und zur Prävention von Steinrezidiven ist eine Supplementierung mit Methionin möglich. Als Dosierung werden in der Regel dreimal täglich 500 – 1000 mg L-Methionin empfohlen (5).
 
Entgiftungs- und Ausleitungsfunktionen
Methionin und das daraus gebildete S-Adenosylmethionin tragen als Methylgruppendonatoren wesentlich zu den Entgiftungsfunktionen in der Leberzelle bei. Dies spielt vor allem bei Paracetamolvergiftungen und in der Prophylaxe und Therapie einer durch Alkohol hervorgerufenen Fettleber eine wichtige Rolle. Eine gezielte Zufuhr von schwefelhaltigen Aminosäuren erhöht zudem die Mobilisation von Schwermetallen aus ihren Depots (6). Quecksilber besitzt eine hohe Affinität zu Methionin, aber auch die Entgiftung von Arsen wird im Wesentlichen über Methioninmetaboliten gesteuert (7).
 
Schwefelhaltige Aminosäuren als Bausteine für Haare und Nägel
Die schwefelhaltigen Aminosäuren sind wichtige Quellen für Schwefel, der bei der Entwicklung von kollagenen Strukturen von Nägeln und Haaren einen wesentlichen Beitrag liefert (6). Eine Unterversorgung kann die Haarproduktion beeinträchtigen, was sich in verlangsamtem Haarwachstum bis hin zu diffusem Haarausfall äußern kann.
 
Zu beachten: Methionin und Homocysteinspiegel
Methionin steht in direktem Zusammenhang mit dem Homocysteinstoffwechsel. L-Methionin wird zunächst zu S-Adenosylmethionin und in weiteren Stufen zu Homocystein umgewandelt. Fehlen die zum Homocysteinabbau benötigten Vitamine Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12, kann eine regelmäßige Supplementierung mit L-Methionin den Homocysteinspiegel erhöhen. Im klinischen Versuch führte eine Substitution von 1500 mg/Tag zu einer signifikanten Erhöhung des Homocysteinspiegels im Plasma um 2 µmol/l auch bei adäquaten Vitaminstatus (8). Eine zusätzliche Zufuhr von L-Methionin ab ungefähr 1000 mg/Tag wird auch von anderen Autoren als kritisch betrachtet (9). Eine gleichzeitige Zufuhr der Vitamine B6, B12 und Folsäure verbessert dagegen die Abbauvorgänge und wirkt damit erhöhten Homocysteinwerten entgegen.

Labordiagnostik

Nutrigenetik
Bestimmte Genstellen und deren Auswirkungen auf den Vitaminbedarf

Gen

rsNummer

Risiko SNP

Beschreibung

Empfohlene Nährstoffe

MTR,
MTRR

 

rs1805087, 
rs1801394

G

Die Transmethylierung dieses Enzyms ist reduziert. Eine reduzierte Synthese von Phosphatidylcholin und stärkere Abhängigkeit von Cholin ist mit diesem SNP assoziiert (10).

Folsäure, Methionin, 
Cholin

Mögliche Mangelsymptome

Auswirkung auf Symptomatik
Haut Wundheilungsstörung
Immunsystem Erhöhte Infektanfälligkeit
Muskulatur Muskelabbau
Stoffwechsel Störung der Aminosäurenbalance, negative Stickstoffbilanz

Indikation

Effekt Indikation Dosierung
Physiologische Effekte
mit niedrigen
Nährstoffdosierungen
Zur Erhöhung der biologischen Wertigkeit von pflanzlichem Protein aus Hülsenfrüchten in Zeiten eines erhöhten Eiweißbedarfs 300 - 500 mg/d 
Begleitend therapeutisch zur Harnansäuerung bei rezidivierenden Infekten der ableitenden Harnwege; zur Optimierung der Wirkung von Antibiotika mit Wirkstoffoptima im sauren Urin (pH 4-6); zur Vermeidung von Steinbildung (Phosphatsteine) 1500 - 3000 mg/d 
Zur Quecksilber- und Arsenausleitung 1500 - 3000 mg/d 
Begleitend therapeutisch bei Haarausfall, brüchigen Nägeln und zur Optimierung der Schwefelzufuhr 300 - 500 mg/d 

Einnahme

Allgemeiner Einnahmemodus
 
Wann
 
L-Methionin sollte zwischen den Mahlzeiten eingenommen werden.
  Hinweis:
  • In sehr hohen Dosierungen kann es zu Verschiebungen des pH-Wertes (Azidose) und dadurch zu erhöhter Calciumausscheidung kommen.
  • Bei Langzeitanwendung sollte wegen des Risikos einer Hyperhomocysteinämie auf eine ausreichende Zufuhr von Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12 geachtet werden
Nebenwirkungen
In seltenen Fällen tritt Übelkeit oder Durchfall auf.
 
Kontraindikationen
Azidose, Hyperurikämie, Harnsäure-, Oxalat- und Cysteinsteine, Hyperhomocysteinurie, hepatische Enzephalopathie, schwere Leberinsuffizienz

Interaktionen

Interaktionen mit Arzneimitteln
Antibiotika
(Ampicillin, Sulfonamide, Nitrofurantoin)
Methionin führt zu einer Ansäuerung des Harns, dadurch zu verstärkter Rückresorption der Antibiotika und Hemmung des Bakterienwachstums.
Antiparkinsonmittel
(L-Dopa)
Die gleichzeitige Verabreichung kann zu einer Verschlechterung der Wirksamkeit von L-Dopa führen.
Analgetika
(Paracetamol)
L-Methionin vermindert die lebertoxische Wirkung von Paracetamol.
Interaktionen mit anderen Nährstoffen
Vitamine Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12 sind für den Methionin-Homocystein-Stoffwechsel essentiell.
Antioxidantien In Kombination mit anderen Antioxidantien zeigt Methionin synergistische Effekte.

Verbindungen

Beschreibung des Mikronährstoffes
Proteinogene, essenzielle, schwefelhaltige Aminosäure
 
Verbindungen
  • L-Methionin (natürliche Form)
  • DL-Methionin (Racemat in Futtermitteln).

Referenzen

Referenzen

1) Hahn, A. et al. 2005. Ernährung. Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie.
2) King, F., Burgess, A. 1992. Nutrition for developing countries.
3) Loenen, W. A. 2006. S-adenosylmethionine. Jack of all trades and master of everything? Biochem Soc Trans. 34(2):330-3.
4) Pagonas, N. et al. 2012. Prophylaxis of Recurrent Urinary Tract Infection After Renal Transplantation by Cranberry Juice and L-Methionine. Transplantation Proceedings. 44(10):3017-3021.
5) Gröber, U. 2002. Orthomolekulare Medizin. Ein Leitfaden für Apotheker und Ärzte.
6) Burgerstein, L. 2002. Handbuch Nährstoffe.
7) Pal, S., Chatterjee, A. K. 2004. Protective effect of methionine supplementation on arsenic-induced alteration of glucose homeostasis. Food Chem Toxicol. 42(5):737-42.
8) Ditscheid, B. et al. 2005. Effect of L-methionin supplementation on plasma homocysteine and other free amino acids: a placebo-controlled, double-blind cross-over study. Eur J Clin Nutr. 59(6):768-75
9) Grimble, R. F. 2006. The effects of sulphur amino acid intake on immune function in humans. J Nutr. 136(6Suppl):1660S-1665S).
10) Ganz, A.B, et al. 2016. Genetic impairments in folate enzymes increase dependence on dietary choline for phosphatidylcholine production at the expense of betaine synthesis. FASEB J. 30(10):3321-3333. 

Referenzen Interaktionen
Stargrove, M. B. et al. Herb, Nutrient and Drug Interactions: Clinical Implications and Therapeutic Strategies, 1. Auflage. St. Louis, Missouri: Elsevier Health Sciences, 2008.
Gröber, U. Mikronährstoffe: Metabolic Tuning –Prävention –Therapie, 3. Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2011.
Gröber, U. Arzneimittel und Mikronährstoffe: Medikationsorientierte Supplementierung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2014.

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