Schilddrüsenerkrankungen

Mikronährstofftherapie

Selen und dessen Funktion in der Schilddrüse
Die Schilddrüse weist aufgrund der Expression verschiedener Selenoproteine den höchsten Selengehalt des menschlichen Körpers auf. Prinzipiell unterscheidet man die Glutathionperoxidase als antioxidatives Schutzsystem des Körpers, Thioredoxinreduktasen (die antioxidative Prozesse unterstützen, aber auch Transkriptionsfaktoren mitregulieren) und verschiedene Deiodinasen, deren Wirkung hauptsächlich von der Lokalisation im Körper abhängt (etwa Umbau von T4 (Thyroxin) in T3 (Trijodthyronin) und T3 in T2 (Dijodthyronin) in Schilddrüse und Muskeln). Selen spielt außerdem bei der Synthese der Schilddrüsenhormone T3 und T4 eine essentielle Rolle. Vor allem Personen, die an einem Selenmangel leiden, können von einer zusätzlichen Selenaufnahme profitieren. Bedingt durch eine Zunahme der T4-Produktion kommt es mit zunehmendem Alter auch zu einer Veränderung des T3-/T4-Verhältnisses, wodurch eine durch Selen herbeigeführte mögliche Erhöhung der T3-Synthese bei älteren Menschen wünschenswert ist.
 
Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)

Eine Hypothyreose entsteht durch eine langfristig verringerte Produktion von Schilddrüsenhormonen. Der Mangel an diesen Hormonen kann etwa durch eine verminderte Stimulation mittels Hypophyse, defekter Hormonsynthese oder beeinträchtigtem zellulären Umbau von T3 zu T4 entstehen. Allgemeine Symptome einer Hypothyreose sind Antriebslosigkeit, Ermüdungserscheinungen, kalte Hände und Füße sowie depressive Zustände.

Bei der nutritiven Begleittherapie von Hypothyreose stellt sich vor allem Jod als wichtiger Mikronährstoff heraus, da es Bestandteil der Schilddrüsenhormone T3 und T4 ist und so die Normalfunktion der Schilddrüse gewährleistet. Aktuelle Untersuchungen deuten überdies darauf hin, dass verringerte Zinkspiegel mit der Ausbildung einer Hypothyreose in Verbindung gebracht werden könnten. Die Einnahme von Zink bei bestehender Schilddrüsenunterfunktion kann also positive Effekte auf die Wiederherstellung der Normalfunktion der Schilddrüse aufweisen.

Ein Mangel an Vitamin D kann auch eine essentielle Rolle bei der Pathogenese einer Hypothyreose spielen. In einer Studie vom November 2013 wurden sowohl verringerte Vitamin-D- als auch Calciumspiegel mit der Ausbildung und dem Schweregrad einer Schilddrüsenunterfunktion in Zusammenhang gebracht. Es kann demzufolge - nach vorhergehendem Screening - zu einer zusätzlichen Aufnahme von Vitamin D und Calcium geraten werden, um einen günstigen Krankheitsverlauf zu gewährleisten.

Eisen ist ein wesentlicher Cofaktor für die endogene Bildung von Schilddrüsenhormonen. Ein Mangel an Eisen beeinträchtigt die Schilddrüsenfunktion durch eine erniedrigte TPO-Aktivität. Die im Eisenmangel beobachteten veränderten Schilddrüsenparameter besitzen zwar per se noch keinen Krankheitswert, können jedoch in Verbindung mit anderen Faktoren bei Jodmangelstruma oder Autoimmunthyreoiditis Relevanz erlangen. Je stärker der Eisenmangel, desto ausgeprägter scheinen die negativen Effekte auf die Schilddrüse zu sein, vor allem bezüglich Strumaentwicklung und der Bildung von Schilddrüsenhormonen. Es gilt aber auch: Je stärker der Jodmangel, desto negativer scheinen die Auswirkungen des Eisenmangels auf die Schilddrüse zu sein. Eisenmangel beeinträchtigt auch die therapeutischen Erfolge einer Jodsubstitution. In mehreren klinischen Interventionsstudien konnten gezeigt werden, dass bei Kindern mit Struma und gleichzeitigem Eisenmangel durch eine kombinierte Eisen-/Jodsupplementierung Schilddrüsengröße und Schilddrüsenhormonstatus günstiger beeinflusst werden als bei Kindern mit ausschließlicher Jodsubstitution.
 

Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)

Eine Überfunktion der Schilddrüse wird in mehr als 95 % der Fälle durch die Basedowsche Erkrankung (Morbus Basedow) oder durch eine funktionelle Autonomie verursacht. Typische Symptome einer Hyperthyreose sind Unruhe, Nervosität, Schlafstörungen und erhöhter Appetit.

L-Carnitin könnte sich als effektive Behandlungsmethode bei Hyperthyreose herausstellen, da die körpereigenen Speicher bei einer vorherrschenden Überfunktion der Schilddrüse vermindert werden. Carnitin unterstützt diverse Funktionen im Schilddrüsenhormonstoffwechsel. Untersuchungen weisen darauf hin, dass durch eine Supplementierung von L-Carnitin eine Symptomminderung erreicht und eventuell ein präventiver Effekt erzielt werden kann. Letztlich werden das Wachstum und die Größe eines vorhandenen Strumas auch von der Höhe des Selenspiegels beeinflusst. Bei sowohl an Jod- als auch an Selenmangel leidenden Personen zeigt die alleinige Aufnahme von Jod keine positiven Wirkungen auf das Strumavolumen. Selen kann hingegen die Größe eines Strumas nachhaltig verringern.

Bei einer Schilddrüsenüberfunktion ist auch eine Verringerung der Coenzym-Q10-Plasma-Level bekannt. Laut Studie wird dieses Defizit auf die bei Hyperthyreose erhöhte Mitochondrienaktivität zurückgeführt, da durch die Beschleunigung der mitochondrialen Atmungskette mehr Coenzym Q10 verbraucht wird. Durch die erhöhte Stoffwechselaktivität und den Einfluss der Schilddrüse auf die Vitamin-B2-Konzentration sind generell ein erhöhter oxidativer und nitrosativer Stress sowie eine Hyperhomocysteinämie zu bedenken und es ist eine darauf bezogene nutritivmedizinische Behandlung in Betracht zu ziehen.
 

Mikronährstoffe bei autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen

Hashimoto-Thyroiditis ist die häufigste Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, welche bei ausreichend hohen Jodspiegeln auftritt. Durch einen fehlgeleiteten Mechanismus des Immunsystems kommt es zu einer Zerstörung des Gewebes durch T-Lymphozyten. Dies führt zu einer chronischen Entzündung der Schilddrüse. Die Krankheit kann sich im Anfangsstadium mit Symptomen einer Hyperthyreose, wie etwa Nervosität, Herzrasen und Heißhunger, äußern. Im späteren Verlauf stehen aber die Symptome einer Hypothyreose im Vordergrund: Eine verringerte Körpertemperatur, depressive Verstimmungen und Antriebslosigkeit bestimmen den Krankheitsverlauf. Mehrere Studien zeigen, dass Selen zu einer signifikanten Reduktion der Anti-Thyroid-Peroxidase-Antikörper (Anti-TPO-Antikörper) führt. Diese Verringerung der Antikörperkonzentration kann sowohl nach sechs Monaten als auch nach neun und zwölf Monaten nachgewiesen werden und unterstreicht somit die Bedeutung einer langfristigen Selenaufnahme. Unabhängig von der Reduktion der Antikörper kann auch eine Verbesserung des Wohlbefindens der Patienten erreicht werden, erklärbar möglicherweise durch die direkte Wirkung des Selens auf zerebrale und kognitive Funktionen.

Omega-3-Fettsäuren dienen zur Bildung von "guten Eicosanoiden", die als lokale entzündungshemmende Mediatoren wirken. Deshalb ist das richtige Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren (1:5) empfohlen, um ein erhöhtes Entzündungsgeschehen und somit Voranschreiten einer Thyreoditis zu vermeiden.

Morbus Basedow (Graves‘ disease) bezeichnet eine Autoimmunerkrankung, bei der Autoantikörper an den Rezeptor für Thyreotropin (TSH) binden. Dadurch kommt es zu einer erhöhten Produktion der Schilddrüsenhormone T3 und T4, es entsteht eine Hyperthyreose. Leitsymptome sind eine Größenzunahme der Schilddrüse (Struma) und das Hervortreten der Augäpfel (Exophthalmus). Zusätzlich kommt es zu den typischen Beschwerden einer Hyperthyreose. Da als Mitursache bei der Entstehung von M. Basedow ein vorherrschendes Ungleichgewicht zwischen Oxidantien bzw. Radikalen und antioxidativem System diskutiert wird, spielt Selen aufgrund seiner antioxidativen Fähigkeiten auch bei dieser Erkrankung eine wichtige Rolle. Der Selenserumspiegel bei an M. Basedow erkrankten Personen ist zum Teil stark verringert, Betroffene können also von einer zusätzlichen Selenaufnahme profitieren. Eine Selensupplementierung unterstützt außerdem die Rückbildung des Normalzustandes der Schilddrüse und zeigt positive Wirkungen bei vorherrschender Orbitopathie. Auch ein verringerter Vitamin-D-Spiegel wurde in mehreren Studien bei an M. Basedow erkrankten Personen festgestellt.

Empfohlene Dosierung

Strumatherapie
Jod Kinder: 50 - 100 µg/d p.o.
Erwachsene: 100 - 200 µg/d p.o.
Selen 1,5 - 2 µg/kg KG/d p.o.
Hypothyreose
Jod Kinder: 50 - 100 µg/d p.o.
Erwachsene: 100 - 200 µg/d p.o.
Vitamin D 2000-4000 I.E./d p.o.
Calcium 500 - 1000 mg/d p.o.
Zink 30 mg/d p.o.
Selen 200 µg/d p.o.
Eisen 2 mg pro kg KG/d p.o.
Hyperthyreose
L-Carnitin 1000 - 4000 mg/d p.o.
Autoimmunthyreoditis
Selen (therapiebegleitend) 200 - 400 µg/d p.o.
Omega-3-Fettsäuren 1,5 - 4g/d p.o.

Laboruntersuchung

Parameter Labor GANZIMMUN
Mikronährstoffe Schilddrüse I, Cu, Mg, Mn, Mo, Se, Zn, kl. Blutbild, Beta-Carotin, Vitamin a, Vitamin B6  
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