Vitamin B2

Synonym(e): Lactoflavin, Riboflavin
Nährstoffgruppe: Vitamine

Vorkommen und physiologische Effekte

Vorkommen in der Nahrung

Vitamin B2 ist ein wasserlösliches Vitamin des B-Komplexes, das im Volksmund auch als „Wachstumsvitamin“ bezeichnet wird. Als Zellbestandteil von Tieren und Pflanzen ist es in zahlreichen Lebensmitteln enthalten. Hierbei liegt es meist in gebundener Form vor: Als Flavinmononukleotid (FMN), als Flavinadenindinucleotid (FAD) oder proteingebunden.
Zu den wichtigsten Vitamin-B2-Lieferanten in der Ernährung zählen Milch- und Milchprodukte. Daneben liefern auch Eier, Fleisch und Innereien nennenswerte Mengen. Getreide, Obst und Gemüse enthalten hingegen nur geringe Konzentrationen an dem wasserlöslichen Vitamin.
Vitamin B2 ist schlecht wasserlöslich, sehr hitzestabil, jedoch hoch lichtempfindlich. Im Durchschnitt werden durch Lagerung und Speisenzubereitung 20 % des enthaltenen Vitamin B2 zerstört. Besonders ungünstig mit 80 % Zerstörung wirkt sich die Lagerung von Milch in einer klaren Glasflasche unter Lichteinwirkung aus.

Physiologische Effekte
Energiestoffwechsel
  • Cofaktor in der Atmungskette
Fettstoffwechsel
  • Als Coenzym an der Biosynthese von Cholesterin sowie an der β-Oxidation von Fettsäuren beteiligt
Homocysteinstoffwechsel
  • Als Coenzym der Methylen-THF-Reduktase für den Erhalt physiologischer Homocysteinwerte verantwortlich
Zelluläres Immunsystem
  • Als Cofaktor der Phagozytose an der Abwehr bakterieller Infektionen beteiligt
Hormonhaushalt
  • Synthese von Adrenalin
Antioxidans
  • Reduktion von oxidiertem zu reduziertem Glutathion

EFSA Health Claims

Health Claims  

Vitamin B2

  • Trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei
  • Trägt zu einer normalen Funktion des Nervensystems bei
  • Trägt zum Erhalt normaler Schleimhäute bei
  • Trägt zum Erhalt normaler roter Blutkörperchen bei
  • Trägt zum Erhalt normaler Haut bei
  • Trägt zum Erhalt normaler Sehkraft bei
  • Trägt zu einem normalen Eisenstoffwechsel bei
  • Trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen
  • Trägt zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei

Referenzwerte

Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr D-A-CH
  Alter Vitamin B2 (mg/d)
Säuglinge (Monate)
  0-4  0,3
  4-12  0,4
Kinder (Jahre)
  1-4  0,7
  4-7  0,8
  7-10  0,9-  1,0
  10-13  1,0 - 1,1
  13-15  1,1 - 1,4
Jugendliche/Erwachsene (Jahre) Frauen Männer
  15-19  1,2  1,6
  19-25  1,1  1,4
  25-51  1,1  1,4
  51-65  1,0  1,3
  > 65  1,0  1,3
Schwangere  1,3 - 1,4
Stillende  1,4
Erhöhter Bedarf Schwangerschaft, Stillzeit, Leistungssport, Traumata, Alkoholabusus, chronische Atemwegserkrankungen, Darmmykosen 
Referenzwert laut Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung mg
(=100 % TB-Kennzeichnung auf Etikett) 1,4 mg
Sicherheit des Nährstoffes  
UL
 
Langfristige tägliche Aufnahmemenge, bei der keine
negativen Einflüsse auf die Gesundheit zu erwarten sind
k. A.
NOAEL
 
Maximale Aufnahmedosis, die in Studien keine
schädigenden Auswirkungen verursachte
200 mg

Besondere Informationen

Vitamin B2 bei Bluthochdruck
Bluthochdruck ist einer der Hauptrisikofaktoren für das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Herzinfarkt. Erhöhte Homocysteinspiegel im Blut treten häufig mit einem genetischen Defekt auf, der das Enzym Methylenetetrahydrofolatreduktase (MTHFR) betrifft und in der Bevölkerung mit einer relativ hohen Inzidenz von bis zu 32 % auftritt. Vitamin B2 wird als Cofaktor für die Synthese von MTHFR benötigt, und eine ungenügende Vitamin-B2-Versorgung wird im Zusammenhang mit der Entstehung von Blutdruckerhöhungen vermutet. In Studien konnte gezeigt werden, dass sich bei Menschen mit einer genetischen Prädisposition für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (MTHFR-677TT-Genotyp) der Blutdruck sehr gut mit einer Supplementierung von Vitamin B2 kontrollieren lässt (1)(2).
 
Vitamin B2 in der Migräneprophylaxe
Die prophylaktische Behandlung von Migräne ist immer noch eine Herausforderung. Es gibt eine Fülle von Medikamenten am Markt, jedoch bringen die meisten teilweise schwere Nebenwirkungen mit sich. In klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass die Supplementierung mit Vitamin B2 eine wirkungsvolle Migräneprophylaxe darstellt. Durch die Gabe von Vitamin B2 konnte sowohl die Anzahl der Migräneattacken pro Monat als auch die durchschnittliche Dauer der Attacken signifikant reduziert werden (3, 4). 

Labordiagnostik

Parameter Substrat Referenzwert Beschreibung
Riboflavin Vollblut 80 - 200 µg/l Nüchtern (12 h Nahrungskarenz). Transport: lichtgeschützt.
Es werden die Metabolite FAD, FMN und freies Riboflavin bestimmt und daraus wird das Gesamtriboflavin berechnet.
Erythrozytärer Glutathionreduktase-(EGR-) Stimulationstest Erythrozytenhämolysat
(Aktivitätskoeffizient)
>1,3
Grenzwertig
1,20-1,29
EGR wird durch FAD aktiviert. Erfassung des Riboflavinstatus durch Messung der Aktivität ohne und mit Zusatz von FAD.
Interpretation
Verminderte Werte bzw. erhöhter Aktivitätskoeffizient Vitamin-B1-Mangel
Erhöhte Werte Einnahme von Vitamin-B2-Präparaten oder Vitamin-B-Komplexpräparaten
Nutrigenetik
Bestimmte Genstellen und deren Auswirkungen auf den Vitaminbedarf

Gen

rsNummer

Risiko SNP

Beschreibung

Empfohlene Nährstoffe

MTHFR

 

rs1801133

T

Die Transmethylierung durch dieses Enzym ist reduziert, der Bedarf an Folsäure und Vitamin B6 erhöht. Dieser SNP ist mit einem erhöhten Homocystein-Spiegel assoziiert. Vitamin B2 (Riboflavin) kann die Aktivität des MTHFR-Enzyms erhöhen, weshalb eine erhöhte Aufnahme empfohlen wird. Vitamin B6 und Folsäure sollten immer gemeinsam mit Vitamin B12 eingenommen werden (5)(6)(7)(8).  

B2, B6, B12 und Folsäure

Mögliche Mangelsymptome

Auswirkung auf Symptomatik
Haut Rötung, Schuppung, seborrhoische Dermatits, Glossitis, Mundwinkelrhagaden
Nervensystem Muskelschwäche, Fatigue, periphere Neuropathien
Augen Keratitis, Lichtempfindlichkeit, Vaskularisierung der Cornea
Blut Normochrome normozytäre Anämie, Hyperhomocysteinämie

Indikation

Effekt  Indikation Dosierung
Physiologische Effekte
mit niedrigen
Nährstoffdosierungen
Allgemeine Prävention 5- 20 mg/d
Bei erhöhtem Bedarf in Schwangerschaft und Stillzeit 5 - 20 mg/d
Pharmakologische Effekte
mit hohen Nährstoffdosierungen
Bei Migräne und zur Anfallsprophylaxe 100 - 200 mg/d

Einnahme

Allgemeiner Einnahmemodus
 
Wann
 
B-Vitamine können zwischen oder zu den Mahlzeiten eingenommen werden.
Nebenwirkungen
Hohe Dosierungen von Vitamin B2 werden über die Nieren relativ schnell ausgeschieden und führen zu einer teilweise starken Gelbfärbung des Harns.
Kontraindikationen
Nach aktuellem Kentnisstand sind keine Kontraindikationen bekannt.

Interaktionen

Interaktionen mit Arzneimitteln
Trizyklische Antidepressiva Behindern den Einbau von Vitamin B2 in FAD und FMN und führen zu einer erhöhten Vitamin-B2-Exkretion
Antiepileptika (z.B. Carbamazepin) Fördern den Abbau von Vitamin B2 über die Leber.
Orale Kontrazeptiva Langfristige Einnahme von Kontrazeptiva kann zu Störungen im Vitamin-B2-Status führen.
Schilddrüsenmittel (Thyroxin) Begünstigen die Bildung von FAD und FMN aus Vitamin B2.
Vitamin B2 ist wichtig für die Thyroxinsynthese.
 
Interaktionen mit anderen Nährstoffen
Spurenelemente Vitamin-B2-Mangel beeinträchtigt die Resorption von Calcium, Eisen und Zink.
Hohe Dosen von Bor können mit Vitamin B2 Komplexe bilden.
Vitamine Vitamin B2 wirkt synergistisch mit allen B-Vitaminen.

Vitamin B2 schützt Vitamin E vor Lipidperoxidation.

Verbindungen

Beschreibung des Mikronährstoffes
Wasserlösliches Vitamin des B-Komplexes
Verbindungen
Riboflavin, Riboflavin-5‘ -Phosphat
Ist auch als gelber Farbstoff (E101) zugelassen.

Referenzen

Referenzen

1) Wilson, C. P. et al. 2012. Riboflavin offers a targeted strategy for managing hypertension in patients with the MTHFR 677TT genotype: a 4-y follow-up. Am J Clin Nutr.95(3):766-72. doi: 10.3945/​ajcn.111.026245.
2) Wilson, C. P. et al. 2013. Blood pressure in treated hypertensive individuals with the MTHFR 677TT genotype is responsive to intervention with riboflavin: findings of a targeted randomized trial. Hypertension. 61(6):1302-8. doi: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.111.01047.
3) Boehnke, C. et al. 2004. High-dose riboflavin treatment is efficacious in migraine prophylaxis:an open study in a tertiary care. European Journal of Neurology. 11: 475–477.
4) Namazi, N. et al. 2015. Supplementation with Riboflavin (Vitamin B2) for Migraine Prophylaxis in Adults and Children: A Review. International Journal for Vitamin and Nutrition Research. 85(1-2):79–87.

5) Olteanu, H. Munson, T. Banerjee, R. 2002. Differences in the efficiency of reductive activation of methionine synthase and exogenous electron acceptors between the common polymorphic variants of human methionine synthase reductase. Biochemistry. 41(45):13378-85. .
6) Wilson, A. et al. 1999. A common variant in methionine synthase reductase combined with low cobalamin (vitamin B12) increases risk for spina bifida. Mol Genet Metab. (4):317-23. 
7) Seibold, P.  et al. Polymorphisms in oxidative stress-related genes and postmenopausal breast cancer risk. Int J Cancer. 129(6):1467-76.
8) Jiang-Hua, Q. et al. 2014. Association of methylenetetrahydrofolate reductase and methionine synthase polymorphisms with breast cancer risk and interaction with folate, vitamin B6, and vitamin B 12 intakes. Tumour Biol. 35(12):11895-901.
 

Referenzen Interaktionen
Stargrove, M. B. et al. Herb, Nutrient and Drug Interactions: Clinical Implications and Therapeutic Strategies, 1. Auflage. St. Louis, Missouri: Elsevier Health Sciences, 2008.
Gröber, U. Mikronährstoffe: Metabolic Tuning –Prävention –Therapie, 3. Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2011. 
Gröber, U. Arzneimittel und Mikronährstoffe: Medikationsorientierte Supplementierung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2014.

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