Biotin

Synonym(e): D-Biotin, Vitamin H
Nährstoffgruppe: Vitamine

Vorkommen und physiologische Effekte

Vorkommen in der Nahrung

Biotin ist - wenn auch meistens nur in geringen Mengen - in tierischen und pflanzlichen Nahrungsmitteln weit verbreitet. Zu biotinreichen tierischen Lebensmitteln zählen Eigelb, Hefe und Innereien. Gute pflanzliche Quellen sind Sojabohnen, Nüsse, Reiskleie und Haferflocken. Hierbei kommt Biotin pflanzlichen Ursprungs in freier Form vor, während es in tierischen Lebensmitteln meistens an Lysylreste gebunden ist. Geringe Mengen an Biotin werden auch von der Darmflora gebildet.
Das in Eiklar enthaltene Glykoprotein Avidin setzt die Bioverfügbarkeit von Biotin herab, indem es mit Biotin einen Komplex bildet, der im Gastrointestinaltrakt enzymatisch nicht gespaltet werden kann. Durch längeres Erhitzen des Eies auf 100° C wird Avidin denaturiert und verliert seine biotinbindende Eigenschaft. Diese Komplexbindung spielt in der Praxis bei normaler Ernährung jedoch keine Rolle.
Bei der Speisenzubereitung reduziert sich der Biotingehalt der Mahlzeit nur unwesentlich. Lediglich bei hohen Temperaturen und unter UV-Lichteinfluss wird ein Teil des enthaltenen Biotins zerstört.
 

Physiologische Effekte
Haut und Haare
  • Cofaktor im Auf- und Abbau von Eiweißstrukturen
  • Stimulation der Differenzierung epidermaler Zellen
Stoffwechsel
  • Biotin erfüllt als Cofaktor für verschiedene Carboxylasen eine wichtige Rolle im Protein-, Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel
Kohlenhydratstoffwechsel
  • Als Schlüsselenzym der Glukoneogenese an der Regulation des Blutzuckerspiegels beteiligt
Blut
  • Cofaktor bei der Bildung von Erythrozyten, Lymphozyten und Antikörpern

EFSA Health Claims

Health Claims EFSA Opinion
Biotin
 
  • Trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei
  • Trägt zu einer normalen Funktion des Nervensystems bei
  • Trägt zu einem normalen Stoffwechsel von Makronährstoffen bei
  • Trägt zum Erhalt normaler Haare bei
  • Trägt zum Erhalt normaler Schleimhäute bei
  • Trägt zum Erhalt normaler Haut bei

Referenzwerte

Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr D-A-CH
  Alter Biotin (µg/d)
Säuglinge (Monate)
  0-4  4
  4-12  6
Kinder (Jahre)
  1-4  20
  4-7  25
  7-10  25
  10-13  35
  13-15  35
Jugendliche/Erwachsene (Jahre) Frauen Männer
  15-19  40  40
  19-25  40  40
  25-51  40  40
  51-65  40  40
  > 65  40  40
Schwangere  40
Stillende  45
Erhöhter Bedarf Ältere Personen, Alkoholabusus, Malabsorption bei Darmdysbiosen und Kurzdarmsyndrom
Referenzwert laut Lebensmittelkennzeichnungsverordnung  
(= 100 % TB-Kennzeichnung auf Etikett) 50 µg
Sicherheit des Nährstoffes  
UL
 
Langfristige tägliche Aufnahmemenge, bei der keine negativen Einflüsse auf die Gesundheit zu erwarten sind k. A.
NOAEL
 
Maximale Aufnahmedosis, die in Studien keine schädigenden Auswirkungen verursachte

2500 µg/d (Gröber)

9000 µg/d (UK expert group)

Sicherheit Die Expert Group on Vitamins and Minerals (EVM) hat sich mit der Sicherheit von Biotin beschäftigt.

Besondere Informationen

Biotin- wichtig für die Entwicklung der Haut und Hautanhangsgebilde
Biotin ist ein wasserlösliches Vitamin, das für eine normale Entwicklung und Differenzierung der Haut und der Hautanhanggebilde benötigt wird. Es bewirkt die Einlagerung schwefelhaltiger Aminosäuren in die Haarwurzelzellen und in die nagelbildenden Zellen und fördert so den Anteil der stabilitätsrelevanten Keratin-Matrix-Proteine. Die Kenntnisse zum Biotinbedarf des Menschen sind bisher unvollständig, die Versorgung wird im Allgemeinen als ausreichend angesehen (1). Eine Substitution in höheren Dosierungen zeigt dennoch effektive therapeutische Ergebnisse. So konnte in klinischen Studien nachgewiesen werden, dass eine tägliche Gabe von 2,5 mg Biotin bei einer  sechs-monatigen Anwendung zu einer signifikanten Verbesserung der Qualität von brüchigen Nägeln führte. Die Dicke und Oberflächenstruktur der Nägel sowie die Nagelfestigkeit wurden bei 91 % der Patienten verbessert (2).
 
Biotin bei trockenem Hautbild und Ekzembildung
Dieser pharmakologische Effekt wurde mittlerweile in weiteren kontrollierten Studien untermauert (3). Studien zum Wirkmechanismus konnten zeigen, dass Biotin direkt die Differenzierung der epidermalen Zellen stimuliert und dadurch die Nagelqualität erhöht (4). Auch bei schuppendem und trockenem Hautbild und Ekzembildung können erhöhte Biotingaben therapeutisch eingesetzt werden. Zusammen mit den ebenfalls relevanten Spurenelementen Eisen, Zink und Kupfer wird ein breites Behandlungsspektrum von Störungen im Kollagen- und Elastinstoffwechsel, von Hautläsionen und Mundwinkelrhagaden bis zu rissiger, infektionsanfälliger Haut und seborrhoischer Dermatitis abgedeckt. Unterversorgungen mit Biotin, Eisen, Zink oder Kupfer können sich auch in Störungen des Haar- und Nagelwachstums, in Haarausfall und in der Ablösung des Nagels vom Nagelbett zeigen (1).

Labordiagnostik

Substrat Parameter Referenzwert Beschreibung
Biotin Serum/Plasma

200 - 1000 µg/l

Grenzwertig
200 - 300 µg/l

Nüchtern (12 h Nahrungskarenz).
Radioimmunoassay oder Enzymimmunoassay nach Bindung an Streptavidin.
Interpretation
Verminderte Werte Hinweis auf Biotinmangel.
Werte im Grenzbereich können mit einer reduzierten Aktivität biotinabhängiger Enzyme verbunden sein.
Erhöhte Werte Überdosierung von Biotinpräparaten

Mögliche Mangelsymptome

Auswirkung auf Symptomatik
Allgemeinbefinden Appetitlosigkeit, Schläfrigkeit, Schwäche
Haut Trockene, schuppige Haut
Seborrhoische Dermatitis
Augen Keratokonjunktivitis
Haare Haarausfall, trockenes und brüchiges Haar
Nägel Brüchige oder rissige Nägel
Muskulatur Muskelschmerzen, Parästhesien, Neuropathien
Blut Anämie

Indikation

Effekt Indikation Dosierung
Physiologische Effekte 
mit niedrigen
Nährstoffdosierungen
Zur allgemeinen Prävention 0,1 - 0,3 mg/d
Für den therapeutischen Einsatz bei brüchigen, splitternden Nägeln und Beaurillen 1 - 2,5 mg/d
Zur Deckung eines erhöhten Bedarfs bei Störungen des Haarwachstums und bei Haarausfall 1 - 2,5 mg/d
Begleitend therapeutisch bei trockener und schuppender Haut 1 - 2,5 mg/d
Pharmakologische Effekte 
mit hohen Nährstoffdosierungen
Für den therapeutischen Einsatz bei seborrhoischer Dermatitis 10 - 20 mg/d
Zur therapeutischen Behandlung von neurologischen Ausfallerscheinungen infolge eines Biotinmangels 10 - 15 mg/d

Einnahme

Allgemeiner Einnahmemodus
 
Wann
 
Biotin sollte vor oder zu den Mahlzeiten eingenommen werden.
Nebenwirkungen
Nach aktuellem Kenntnisstand sind keine Nebenwirkungen bekannt.
Kontraindikationen
Nach aktuellem Kenntnisstand sind keine Kontraindikationen bekannt.

Interaktionen

Interaktionen mit Arzneimitteln
Antiepileptika (z.B. Phenytoin) Behandlung mit Antiepileptika führt zum Abfall der Biotinspiegel im Blut (Resorption↓, Ausscheidung↑).
Interaktionen mit anderen Nährstoffen
Spurenelemente Chrom und Biotin zeigen synergistische Effekte auf die Blutzuckerspiegel.
Fettsäuren Alpha-Liponsäure kann biotinabhängige Enzyme hemmen.
Vitamine In hoher Dosierung scheint Pantothensäure die Aufnahme von Biotin zu beeinträchtigen.

Verbindungen

Beschreibung des Mikronährstoffes
Wasserlösliche Vitamine
Verbindungen
Nur als D-Biotin erlaubt.

Referenzen

Referenzen

1) Hahn, A. et al. 2005. Ernährung. Physiologische Grundlagen, Prävention und Therapie. Stuttgart (Wiss. Verlag-Ges.).
2) Colombo, V. E. et al. 1990. Treatment of brittle fingernails and onychoschizia with biotin: scanning electron microscopy. Journal of the American Academy of Dermatology 23, Nr. 6: 1127–1132. doi:10.1016/0190-9622(90)70345-i.
3) Hochman, L. G. et al. 1993. Brittle nails: response to daily biotin supplementation. Cutis. 51(4):303-5.
4) Fritsche, A. et al. 1991. Pharmacologic effects of biotin on epidermal cells. Schweiz Arch Tierheilkd. 133(6):277-83.

Referenzen Interaktionen
Stargrove, M. B. et al. Herb, Nutrient and Drug Interactions: Clinical Implications and Therapeutic Strategies, 1. Auflage. St. Louis, Missouri: Elsevier Health Sciences, 2008.
Gröber, U. Mikronährstoffe: Metabolic Tuning –Prävention –Therapie, 3. Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2011.
Gröber, U. Arzneimittel und Mikronährstoffe: Medikationsorientierte Supplementierung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2014.

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